ARCHÄOLOGISCHE STÄTTEN


AIGAI

Die Ruinen von Aigai liegen 2 km südlich des Dorfes Yuntdağıköseler Köyü in der Gemeinde Yunusemre der Provinz Manisa in der Türkei. Die Entfernung der antiken Stadt zum Stadtzentrum in Manisa beträgt etwa 45 km und 14 km zum nächstgelegenen Küstenort Yenişakran. Herodot zählt Aigai zu jenen zwölf aiolischen Städten, die von Aiolern gegründet wurden, die sich um 1100 v. Chr. in Westanatolien niederließen. Die bisherigen archäologischen Untersuchungen in Aigai zeigen, dass die Stadt gegen Ende des 8. Jhs. v. Chr. gegründet wurde. Ab Anfang des 3. Jhs. v. Chr. entwickelte sich Aigai, auch mit Unterstützung des hellenistischen Königreichs von Pergamon, zu einem immer wichtigeren Zentrum für Kultur und Wirtschaft in der Region und wurde zum Hauptort der Yunt Dağları (dem Aspordenon Gebirge).

In der antiken Stadt finden sich ein Theater, ein Bouleuterion, ein Agora-Komplex, ein Macellum, ein Gymnasion sowie Stoai, Thermen und mehrere Tempel. Neben diesen öffentlichen Gebäuden sind auch Reste der Stadtmauer, der Wohnstadt mit verschiedenen Häusern, eine ausgedehnte Nekropole und ein Handwerksviertel mit mehreren Werkstätten erhalten, die alle zum antiken Stadtbild beitragen.

Die ersten Untersuchungen wurden 1881 von S. Reinach und W.M. Ramsay durchgeführt, durch die der antike Ort für die moderne Forschung lokalisiert wurde. Gleich 1882 wurden die ersten Ausgrabungen von M.C. Clerc in der Nekropole durchgeführt. Die ersten detaillierten Bauaufnahmen erfolgten dann 1886 von R. Bohn und C. Schuchhardt und wurden als Monographie publiziert. Die aktuellen, seit 2004 laufenden Ausgrabungen unter der Leitung von Prof. Dr. Ersin Doğer aus İzmir werden mit der Genehmigung des türkischen Kultur- und Tourismus-Ministeriums durchgeführt.

Seit 2015 werden im Rahmen des NekroPergEol-Projektes im Gebiet der Nekropole ein Survey, archäologische Ausgrabungen, Dokumentationsarbeiten, sowie geophysikalische und paläoanthropologische Untersuchungen durchgeführt. In der etwa 20 ha großen Nekropole wurden 2015 auf einem etwa 1,7 ha großen Teil Oberflächenuntersuchungen durchgeführt, bei denen Grabbauten, Podien, verschiedene andere Grabtypen, Grabstelen und Architekturteile dokumentiert worden sind. Zudem fanden Ausgrabungen an einem Tumulus statt, der an der höchsten Stelle des die Landschaft dominierenden Höhenrückens, über den sich die Nekropole erstreckt, angelegt wurde. Die Ergebnisse der Grabungen haben gezeigt, dass der Tumulus Ende des 8. / Anfang des 7. Jhs. v. Chr. errichtet wurde; aus dieser Zeit stammen zehn Bestattungen. Außerdem wurde der Tumulus noch in klassischer und hellenistischer Zeit für weitere Bestattungen und bis in die römische Kaiserzeit für Grabriten genutzt. An der Hauptstraße, die durch die Nekropole in die Stadt führt, liegt ein runder Grabbau, der im Rahmen des Projektes ebenfalls detailliert untersucht wurde. Die Ergebnisse der Untersuchungen in diesem Rundbau haben gezeigt, dass das Monument eine Bekrönung mit drei konkaven Ansichtsseiten besaß. Unter dem Monument sind sechs Kistengräber freigelegt worden, die mit der prominenten Familie des Diaphenes in Verbindung gebracht werden können, die im 1. Jh. v. Chr. als Euergeten in der Stadt tätig waren.

Das Rundmonument

Der Tumulus

Die römischen Nekropolen

ELAIA


Die antike Polis Elaia liegt etwa 25 Kilometer südwestlich von Pergamon in der Bucht von Çandarlı. Aufgrund der Nähe zum Meer und der Anbindung an die von Süden kommende und in das Tal des Kaikos (Bakır Çay) abzweigende Küstenstraße bot sich der ältere Ort, dessen Wurzeln bis in die Bronzezeit zurückreichen, als Haupthafen Pergamons an. Diese Situation machte sich offenbar schon Eumenes I. (263–241 v. Chr.) zunutze: Aufgrund literarischer, epigraphischer und numismatischer Quellen können wir davon ausgehen, daß Elaia als wichtiger Ankerplatz bald zentrale wirtschaftliche, militärische und kommunikationstechnische Funktionen für Pergamon und die Attaliden übernahm. Dieses Bild konnte durch multidisziplinäre Feldforschungen zwischen 2006 und 2011 bestätigt und zugleich grundlegend erweitert werden.

Die Arbeiten umfaßten auch drei Notgrabungen infolge von Raubgrabungen in den Nekropolen von Elaia, die in Kooperation mit dem Museum Bergama durchgeführt wurden. Zwei der Grabungen betrafen spätklassische und hellenistische Kontexte, deren anthropologische Auswertung im Rahmen von NekroPergEol abgeschlossen werden konnte. Diese und weitere Ergebnisse der Forschungen zu den Nekropolen Elaias werden in die übergeordneten Analysen und Interpretationen zur hellenistischen Funeralkultur der Aiolis einfließen.

KYME

Die griechisch-aiolische Stadt Kyme nördlich von Izmir und Phokaia wird seit 1982 von einem italienischen Forscherteam untersucht, das von Sebastiana Lagona (Universität Catania) gegründet und inzwischen von Antonio La Marca (Universität von Kalabrien) geleitet wird. In diesem Rahmen arbeitet ein französisches Archäologenteam unter der Leitung von Stéphane Verger zusammen mit Rossella Pace in der Aiolis (UMR 8546), das seit 2012 zu den Friedhöfen und Grabdenkmälern der Stadt forscht.

A. Die Lage der Stadt
Das antike Kyme liegt im Gebiet der modernen Stadt Aliağa an der Westküste der Türkei, etwa fünfzig Kilometer nördlich von Izmir.
B. Zwei monumentale Gräber
Das Untersuchungsgebiet umfasst die nördliche Nekropole, in der mehrere monumentale griechische Gräber liegen. Das erste wurde im Jahre 1994 gefunden und besitzt eine steinerne Grabkammer, die leider geplündert war. Das Grab wurde 2012 vollständig ausgegraben und detailliert aufgenommen. Das zweite Monument ist ein großer Grabhügel, der auf Fotos des Gebiets aus dem Jahre 1930 zu sehen ist, die von dem vor Ort tätigen tschechischen Archäologenteam aufgenommen wurden. Dieser Tumulus wurde erst 2009 nach Plünderungen identifiziert, die den gesamten zentralen Teil des Denkmals betrafen. Der Nachweis und die Freilegung der Hauptbestattung fand während der Kampagne 2012 statt.

C. Ein großer spätarchaischer Tumulus
Der Tumulus wurde auf einem Hügel errichtet, von dem aus die ganze Stadt, der Hafen und die nähere Umgebung mit der Straße aus dem Hermostal und Sardis, die an der Stadt Larissa vorbeiführt, überblickt werden kann. Der Grabhügel hat einen Durchmesser von etwa 45 m und eine Höhe von 8 m. Die Hügelaufschüttung, wahrscheinlich bestehend aus umliegendem Erdmaterial, enthielt eine reiche Auswahl an lokalen Keramikscherben aus dem späten 7. und der ersten Hälfte des 6. Jhs. v. Chr. sowie einige Fragmente attisch-schwarzfiguriger Vasen aus dem frühen 5. Jh. v. Chr. Aus dieser Zeit stammen auch zwei persische Pfeilspitzen, dreiseitig und aus Bronze, sowie die Reste mehrerer Alabastra, die während der Ausgrabungen freigelegt wurden. In der Mitte des Tumulus befand sich ein großer Steinsarkophag mit einem monolithen Deckel, der in ein Kistengrab aus Orthostatenplatten eingelassen und mit zweitverwendeten Quaderblöcken abgedeckt war. Der Deckel ist zweimal von Plünderern durchschlagen worden und das Innere war ganz durchwühlt. Der Boden des Sarkophages war mit einer holzreichen dünnen organischen Schicht bedeckt, darin lagen auch vier kleine zusammengefaltete Bleibleche unbestimmter Zeitstellung. Als einzige Grabbeigabe, die den Grabräubern entgangen ist, wurde ein Goldring mit Karneolgemme gefunden, dargestellt ist eine erotische Szene (ein gelängt wiedergegebenes, sich umarmendes Paar); der Ring weist außerdem eine antike Reparatur auf. Der Stil des Intaglio weist auf eine spätarchaische Datierung. Das Fehlen von menschlichen Knochen wirft die Frage auf, ob es sich um ein Kenotaph handeln kann.

D. Die Bestattung einer wichtigen Persönlichkeit aus der Zeit der Perserkriege
Das monumentale Grab kann in die frühen Jahrzehnte des 5. Jhs. v. Chr. datiert werden. Nach dem Ionischen Aufstand kam Kyme wieder unter persische Kontrolle und der Hafen der Stadt diente 480 v. Chr. als Flottenbasis für die Flotte des Großkönigs vor seiner Abreise nach Griechenland. Hierhin kehrten auch die übrig gebliebenen Schiffe nach der Katastrophe von Salamis zurück und nahmen vor Ort ihr Winterquartier. In Anbetracht der Größe des Grabes und seiner außergewöhnlichen Lage kann davon ausgegangen werden, dass es die Bestattung einer bedeutenden griechischen oder persischen Persönlichkeit jener Zeit beinhaltete. Seine vollständige Untersuchung wird neues Licht auf Kyme und die Aiolis unter persischer Herrschaft werfen.

PERGAMON

Pergamon gehörte als Herrschersitz der hellenistischen Dynastie der Attaliden und als römische Metropole zu den prominentesten städtischen Zentren der antiken Welt. Neben ihrer politischen Bedeutung im 3.-1. Jh. v. Chr. war die Stadt ein kulturelles und religiöses Zentrum mit einer bedeutenden Bibliothek, beeindruckenden Bau- und Kunstwerken und dem international frequentierten Heiligtum des Asklepios. Anders als die meisten hellenistischen Residenzstädte wie z. B. Alexandria oder Antiocheia ist Pergamon nicht modern überbaut worden, woraus sich ein besonderes Potential für die archäologische Forschung ergibt. Gleiches gilt für das Umland der Stadt, dessen Erforschung Voraussetzung ist für das Verständnis von Genese und Funktion Pergamons als regionales Zentrum und Mittelpunkt eines Territorialstaates.

Basis für die wissenschaftliche Bedeutung Pergamons sind intensive archäologische Ausgrabungen und Forschungen seit knapp 140 Jahren. Dennoch gibt es weiterhin weiße Flecken auf der Karte unseres Wissens, zu denen bis vor kurzem auch die Gräber und Nekropolen der Stadt zählten. In den letzten zehn Jahren konnten durch die Aufarbeitung von Altgrabungen und -funden und die Freilegung überwiegend kaiserzeitlicher Nekropolen viele neue Erkenntnisse gewonnen werden. Besonders im Bereich der großen Grabhügel und der hellenistischen Funeralkultur bestehen jedoch weiterhin große Lücken, zu deren Schließung das Projekt NekroPergEol beitragen soll.

Der Yığma Tepe

Die Tumuli 2 und 3

Der İlyas Tepe Tumulus

Die anderen Tumuli